Ich bin Liz, bin 19 Jahre alt und im Juni 2022 wurde bei mir Lymphdrüsenkrebs (Morbus Hodgkin Lymphom) im Stadium 3A diagnostiziert. Alles fing damit an, dass ich im Dezember 2021 Corona bekommen habe. Fast meine ganze Familie hatte sich damit infiziert, doch keinen hat es so heftig erwischt wie mich. Seitdem war der Lymphknoten unter meiner rechten Achsel angeschwollen. Mein Hausarzt meinte, das sei eine häufige Erscheinung bei COVID und ich solle mir keine Sorgen machen. Auch, als die Schwellung weiter anhielt und ich mich deshalb mehrmals bei ihm vorstellte, blieb er bei seiner Einschätzung, ein flüchtiger Ultraschall zeigte keine Auffälligkeit.
Im Februar 2022 erfüllte sich ein lang gehegter Traum: Ich trat mein Auslandsjahr in New York an. Ich war in körperlicher Topform – bis auf die Lymphknotenschwellung, die mich nach wie vor sehr beunruhigte. Schließlich folgte ich meinem Bauchgefühl und suchte in New York einen Arzt auf. Nach einem gründlichen Ultraschall bekam ich sofort einen Termin für eine Nadelbiopsie, eine Woche später das Ergebnis: Hodgkin Lymphom. In dem Moment brach eine Welt für mich zusammen!
Ich war 19 und hätte mit allem gerechnet, aber nicht mit Krebs. Die Krankheit war bis dato für mich gleichbedeutend mit „Tod“. Sofort war klar, dass ich meine Zelte in New York abbrechen und für die Behandlung zurück nach Deutschland musste. Und auch wollte, denn nach so einer Diagnose möchte man zurück zu seiner Familie.
Innerhalb von Tagen veränderte sich mein ganzes Leben: Ich hatte eine Eizellentnahme, eine Lymphknotenentnahme, eine Katheter-OP, wurde künstlich in die Wechseljahre versetzt. Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte wurden Alltag. Ebenso wie Tabletten mit starken Nebenwirkungen und Medikamente, die ich mir selbst spritzen musste.
Auch meine Chemotherapien gingen zeitnah los und ich verlor nach und nach meine Haare. Zuerst wollte ich es kaum jemandem erzählen, nur meine Familie und meine vier ersten Freunde waren eingeweiht. Aber nach und nach wurde mir klar, dass ich die Krankheit akzeptieren muss und dass sie nicht das Ende bedeutet. Ich beschloss, offen zu meiner Diagnose zu stehen und veröffentlichte auf Instagram ein Video, wie ich meine Haare abrasierte, woraufhin ich unter anderem durch den Support von Joko viele Menschen erreicht und auch kennengelernt habe, die dasselbe durchmachen. Es war unglaublich toll zu wissen, dass man nicht alleine ist und es hat mich total glücklich gemacht, dass ich durch meine Offenheit Menschen zum einen aufklären und zum anderen auch motivieren konnte.
Ob mit Haare oder ohne, ob mit Krankheit oder ohne, ich bin trotzdem ich! Ich habe mich schon immer gerne geschminkt und mich hübsch gemacht, und die Krankheit kann und wird mir das nicht nehmen.
Ich setze mir kleine Ziele, um meinen Alltag zu strukturieren und mich nicht zu sehr meinen Gedanken hinzugeben. Zum Beispiel spazieren gehen, jemanden anrufen, mich hübsch machen, lesen, zu duschen oder etwas zu malen. Am Ende des Tages weiß ich dann, was ich erreicht habe, aber auch ein großes Ziel vor Augen ist eine wichtige Motivation.
Mir ist es wichtig, Menschen aufzuklären über die Krankheit und dass es ein Leben mit und nach Krebs gibt. Obwohl Krebs so eine Volkskrankheit ist, sind so viele Menschen total unaufgeklärt und das sollte nicht so sein. Außerdem möchte in den Menschen mitgeben, dass man immer auf seinen Körper hören soll. Wenn das Bauchgefühl sagt, es stimmt etwas nicht mit dem Körper, sollte man darauf hören. Oft hilft es dann, eine zweite Meinung von einem anderen Arzt einzuholen. Gerade dann, wenn man sich mit seinem Bedenken nicht ernst genommen fühlt.
Und so schlimm die Krankheit ist – mir hat sie auch Positives gebracht: Der Zusammenhalt in meiner Familie ist total gewachsen, und ich weiß jetzt, wer wirklich zu mir steht, wenn es eng wird. Man lernt generell, seinen Körper so viel mehr zu schätzen, auch wie viel Arbeit er täglich für einen leistet.
Ich habe mich selbst viel besser kennengelernt und mein Interesse z.B. fürs Malen intensiviert. Ich engagiere mich, andere Menschen zum Blutspenden und Haare spenden (für Krebskranke) zu bewegen. Alles Dinge, die ohne meine Krankheit nicht möglich gewesen wären. Es kostet Zeit, die Krankheit zu akzeptieren und es ist auch okay, wenn man mal schlechte Tage hat. Aber manchmal kann es einem unglaublich helfen, die Dinge – auch wenn es nur wenige sind – im positiven Licht zu betrachten.